Das Gutachten eines Statikers bestätigte jedoch, dass die Substanz des Gebäudes den bestehenden Anforderungen durchaus entspreche. Nichtsdestotrotz wird es in regelmäßigen Abständen geprüft. Das dient nicht nur der Sicherheit der Besucher, sondern auch als Absicherung für das Betreiber-Team – dem Verein mit dem Namen Universum Nostalgiekino.
Uwe Kemmer, Vorsitzender des Vereins, ist Mädchen für alles. Er plant die Filmauswahl, bestellt Filme sowie die so genannten Rollkarten (Eintrittskarten), gestaltet den Schaukasten und kümmert sich nebenbei um Finanzen und Renovierung. Unterstützt wird er von einem festen Stamm von Vereinsmitgliedern. Sogar deren Kinder lassen sich von der Euphorie und dem Arbeitseifer anstecken. Ein siebenjähriger Knirps reißt am Eingang die Kinokarten ab, zeigt sich dabei schon recht professionell und wünscht den Kinobesuchern einen schönen Abend.
Die Renovierung wird nach und nach vorgenommen, sobald wieder etwas Geld eingespielt wurde. Die neueste Errungenschaft ist ein großer, schwerer Kinovorhang. „Der war zwar sehr teuer und wir mussten eine ganze Weile dafür sparen“, so Uwe Kemmer, „aber der gehört zu einem richtigen Kino eben dazu.“
Das Nostalgiekino sieht sich nicht als Konkurrenz zu den großen kommerziellen Kinos im Umkreis. Mindestens zwei Mal pro Monat, manchmal sogar bis zu vier Mal, hat das Universum seine Türen geöffnet. „Würden wir mehrfach die Woche spielen, bekämen wir das Kino nicht voll und könnten uns nicht finanzieren“, so Uwe Kemmer. Die Filmauswahl richtet sich in der Regel nach den Wünschen der Besucher. Aktuelle Filme werden nur selten gezeigt, oft präsentiert man Kinoklassiker.
Das Filmtheater ist mit seinen 168 Sitzplätzen meistens ausverkauft. Nicht nur die Radolfzeller, sondern auch Besucher aus den umliegenden Städten wissen die ganz besondere Atmosphäre zu schätzen. So sagt Johanna Störmer aus der Reichenau-Waldsiedlung: „Das Universum ist eine Sternstunde für Radolfzell. Eine Gruppe von Menschen wurde aktiv und hat das Kino mit viel Einsatz renoviert. Und es werden Filme gezeigt, die zum Ambiente passen. Ich bin begeistert!“
Das Publikum ist bunt gemischt, vorwiegend die Generation „30 plus“, so Uwe Kemmer. Je nach Filmauswahl kommen mal mehr Frauen, mal mehr Männer. Am Freitag wurde die Musikkomödie „Mamma Mia“ aus dem Jahr 2008 gezeigt, die viele Hits der Popband Abba enthält. Ein typischer Frauenfilm, sollte man meinen. Besucher Klaus Pfeifer aus Radolfzell ist ganz euphorisch und erzählt: „Ich habe Mamma Mia schon fünf Mal gesehen. Ein super Musikfilm mit einer ganz tollen Energie. “ Seine Begleiterin Ingrid Burandt besucht das Universum zum zweiten Mal und sagt: „Zuerst fand ich den Kinosaal ein wenig gewöhnungsbedürftig. Die kahlen Wände, Graffitis, das ist schon irgendwie kurios. Aber ich finde es toll, dass das alte Kino wieder zum Leben erweckt wurde und komme gerne hierher.“
Dass auch Kinder und Jugendliche einen Kinobesuch ohne Dolby-Surround, 3D-Effekten, Maxi-Cola und XXL-Bechern Popcorn gut finden, zeigt der Besuch von David Lamb. Der Zehnjährige mag die Musik von Abba. Begeistert war er, dass seine Mutter und seine ältere Schwester ihn ins Kino mitgenommen haben. Seinen Freund und dessen Mutter hat er auch gleich noch mitgebracht. So füllt sich das Kino nach und nach und die ganz besondere nostalgische Atmosphäre lässt so manchen Besucher gerne über kahle Wände und Graffitis hinwegsehen.